Dass die Arbeitssituation im Rathaus nicht mehr tragbar ist, daran besteht kein Zweifel. Schlecht isoliert, dadurch im Sommer zu warm, im Winter zugig, teilweise blinde Fenster, Kanalisationsprobleme, veraltete Technik, das sind nur einige der Knackpunkte.
Aber wir sind nicht davon überzeugt, dass die Rathaus-Sanierung die wirtschaftlich und ökologisch beste Entscheidung ist. Im Vorfeld hatten wir um mehr Informationen gebeten, die uns helfen sollten, eine objektivere Einschätzung des Projekts auch unter Klimagesichtspunkten im Vergleich mit anderen Lösungsmöglichkeiten vornehmen zu können. Leider wurden unsere Fragen nicht vollständig beantwortet. Z.B. die Frage nach dem Energieverbrauch – in Menge und in Euro – im Vergleich zwischen Neubau und saniertem Altbau. Wir wurden zwar mit seitenlangen Abhandlungen über zu erhaltende „graue Energie“ durch Sanierung statt Neubau und über fehlende Bauschutt-Recycle-Vorschriften informiert. Konkrete Berechnungen der Unterschiede der CO2-Emmissionen zwischen Sanierung und Neubau auf 20 oder 30 Jahre betrachtet – die woanders bei solchen Großprojekten üblich sind – wurden für die Rathaussanierung trotz schriftlicher Nachfrage aber nicht vorgelegt.
Auch der Vergleich Sanierung mit einer denkbaren „Zwei-Standorte-Lösung“ (Realschulgebäude Goethestraße Neheim und das weitgehend leerstehende innogy-Gebäude in Alt-Arnsberg) war für uns ebenfalls nicht nachvollziehbar dargestellt.
Die Sanierungserfordernisse und damit auch die Kosten werden immer umfangreicher: Besonders der Brandschutz treibt Kosten in die Höhe und muss durch besonderen, teuren Putzauftrag auf das vorhandene, zu erhaltende Betongerüst gewährleistet werden. Der Flachtrakt – heutiger Ratssaal, Sitzungsräume, Foyer – soll inzwischen sowieso abgerissen werden, weil die Sanierung viel zu aufwändig wäre. Die Bodenplatte ist durch Streusalz so stark geschädigt, dass sie auf Dauer den statischen Anforderungen nicht mehr genügt. Dieser Streusalzschaden verursacht mal wieder Millionen an Kosten und wird als „Chlorid-Eintrag“ verbrämt.
2017 bei Planungsbeginn redeten wir von 30 Millionen Sanierungskosten, 2019 liegen wir bei mindestens 40,3 Millionen und zusätzlichen Risiken von 6,8 Millionen. Mindestens.
Von den 6,8 Mio. EUR Mehrkosten-„Risiko“ sind aber alleine 4,4 Mio EUR Preissteigerungen mit einer 100%-Wahrscheinlichkeit kalkuliert, werden also auf jeden Fall fällig! Das ist Sand in die Augen streuen: Kosten die garantiert anfallen, müssen auch sofort eingerechnet werden, dann sind wir jetzt nämlich schon bei 44,7 Mio. EUR Mindestkosten – und nicht „nur“ 40,3, wie beschlossen wurde …
Die prognostizierte jährliche Preissteigerungsrate von 5% halten wir zudem für zu optimistisch. Wir haben bei den Schulsanierungen der letzten Jahre eher 30% Steigerungen als normal erlebt. Bei der Auftragslage im Baugewerbe ist dies auch eher wahrscheinlich.
Nicht nur wir – die Grüne Fraktion – fühlte sich gedrängt von der Verwaltung. Auch Kolleg*innen anderer Parteien äußerten in der Ratssitzung am 02. Juli 2019 deutlich Ihren Unmut über intransparente Kalkulationen, zu wenig Beratungszeit und Gutachen, die recht offensichtlich mit gewolltem Ergebnis bestellt erschienen. Es sollte jetzt sehr schnell und auf Wunsch des Bürgermeisters auch möglichst einstimmig für Variante 1 – die Sanierung des Rathauses – entschieden werden.
Unsere Grüne Fraktion war wie erläutert nicht überzeugt von dieser Lösung, wir haben darum die Vorlage abgelehnt. Bei der auf Antrag der CDU-Fraktion geheimen Abstimmung stimmten dann insgesamt 12 Ratsmitglieder gegen die Sanierung, 33 stimmten dafür und es gab eine Enthaltung.